Vor etwa 150 Jahren verfasste John Ruskin zu Beginn der Industriellen Revolution mit "Diesem Letzten" eine der ersten Kritiken der Anfänge dessen, was wir heute als Volks- und Betriebswirtschaft bezeichnen. Mit scharfem Verstand zeichnete er bereits damals die Schwachstellen der vornehmlich auf die Mehrung von Reichtum und Macht in den Händen einzelner ausgerichteten Wissenschaft der Ökonomie auf. Er erkannte weiter die zwangsläufig auftretenden sozialen und ökologischen Kollateralschäden der darin verankerten einseitigen Denkweise, die wir heute überall beobachten können. Von den moralischen Standards, die Ruskin als Voraussetzungen für eine dauerhaft funktionierende Volkswirtschaft erachtete, postulierte er die Redlichkeit als wesentliche Eigenschaft eines ökonomisch handelnden Individuums oder einer Gesellschaft. Das wichtigste Produkt einer Volkswirtschaft ist ihm zufolge nur ein Wohlstand, der dem Leben dient – sowie die Produktion von hochentwickelten und selbstbestimmten Seelen.
Ruskins Werk beeinflusste seinerzeit die Denkweise großer Zeitgenossen. Mahatma K. Gandhi etwa beschloss, sein Leben an den Idealen des Buches auszurichten. Da Ruskins kritische Schlussfolgerungen aus den Theorien von John S. Mill, David Ricardo und Adam Smith offensichtlich auch heute immer noch aktuell sind, erschien eine Neuübersetzung dieses leider im deutschen Sprachraum relativ unbekannten, obwohl zeitlosen und maßgeblichen Meisterwerks der Sozialkritik gerade vor aktuellen Hintergründen einer neuen Banken- und Wirtschaftskrise, von Korruption und immer wieder sichtbar werdender wirtschaftlicher Selbstbezogenheit sinnvoll.
Erweitert wurde die neue Übertragung mit erklärenden und kommentierenden Anmerkungen sowie einem Vor- und Nachwort des Übersetzers. Letzteres nimmt insbesondere Ruskins ethische Ansätze auf, hinterfragt auch sie und versucht, sie in ein aktualisiertes Modell der menschlichen Natur zu integrieren.
John Ruskin wurde am 8. Februar 1819 in London geboren und veröffentlichte bereits mit 15 Jahren Gedichte und Texte über Geologie. Die Bibel war ihm bestens vertraut und auf ausgedehnten Reisen durch Britannien und auf dem Kontinent sammelte er viel Material für sein umfangreiches Werk.
Von vielen wird er als der größte britische Kunst- und Sozialkritiker des Viktorianischen Zeitalters gesehen, und seine Arbeiten inspirierten die Kunst-, Handwerker- und Arbeiterbewegung.
Wie in "Diesem Letzten" attackierte er heftig die schlimmsten Aspekte der Industrialisierung, förderte aktiv Kunsterziehung und den Museumszugang für die arbeitenden Klassen, und seine Prophezeiungen zu Umweltangelegenheiten waren damals so aktuell wie heute.
George Elliot verehrte ihn als „einen der größten Lehrer seiner Epoche“ und sein Gesamtwerk beeinflusste das Denken von Mahatma Gandhi, Lew Tolstoi und Marcel Proust.
Ruskin starb am 20. Januar 1900 in Brantwood, Lancaster, und hinterließ neben seinen literarischen Werken eine große Kollektion Gedichte, Manuskripte, Fotografien, die die große Bandbreite seiner Interessen und Leistungen widerspiegelt (Ruskin Library and Research Centre, 2011).